Bistro Irmas Mahlwerk – alles andere als verstaubt
Hier ist jede Kaffeetasse ein Einzelstück, Weingläser hängen in den Krallen eines alten Traktorrechens, Mahlsteine wurden zu Tischchen umfunktioniert: „Irmas Mahlwerk“ in der Dittligmühle ist ein Bijou für Detailverliebte. Carmen Bezençon lässt den Betrieb gemächlich wachsen und gibt Acht darauf, dass bewahrt wird, was ihre Mutter Irma aufgebaut hat.
Carmen Bezençon, als wären Mühleturm und Wasserrad vor der Türe nicht genug, schreit das Interieur von Irmas Mahlwerk geradezu nach Aufklärung: Helfen Sie uns?
Ich versuche es (lacht). Die Dittligmühle ist ein Familienbetrieb, wir führen sie bereits in siebter Generation. Vor neun Jahren hat meine Mutter Irma in der Mühle das Bistro eröffnet. Im Vordergrund stand der Verkauf von Antiquitäten und Raritäten, dazu konnte man einen Kaffee trinken. Mit der Zeit kehrten immer mehr Gäste ein. Am Wochenende kommen Ausflügler oder Leute, die in unserem Mühleladen Mehl und Müesli kaufen. Unter der Woche Firmen und Vereine, die eine Mühlebesichtigung machen und dann hier einen Apéro nehmen.
Wie haben Sie auf das wachsende Interesse reagiert?
Wir haben laufend etwas verändert, draussen eine Sonnenterrasse eröffnet, gerade haben wir einen langen Tisch angeschafft, damit Gruppen zusammensitzen können, ohne dass wir die vielen kleinen Tischchen immer hin- und herschieben müssen. Irgendwann reichte die Bewilligung meiner Mutter nicht mehr aus – deshalb habe ich das Wirtepatent gemacht.
Wie erklären Sie sich den Erfolg?
Die Mühle fasziniert die Leute. Es ist etwas Einzigartiges, das Ambiente gibt es kein zweites Mal. Und dann kommt Irmas Konzept dazu: Im Bistro ist keine Tasse wie die andere – es gibt Gäste, die sind enttäuscht, wenn sie ihren Kaffee nicht in der Lieblingstasse trinken können. Hier drin kann man sich die Zeit vertreiben, es gibt viele Kleinigkeiten zu entdecken und zu kaufen. Diese Kombination macht es aus.
In dem Moment springt die Holztür auf, eine Frau, weisse Brille auf der Nase, die Haare mit einem roten Samthaargummi zusammengebunden, tritt ein. „Ich bin Irma“, stellt sie sich vor, um im nächsten Augenblick vorbei an Porzellanengeln und Emaille-Schildern durch ihr Reich zu schreiten. Unter den Augen von Max und Moritz, die verschmitzt aus einem alten Mahlwerk gucken, steigt sie in den handbetriebenen Aufzug in der Ecke, zieht sich hoch. Weg ist sie.
Carmen Bezençon, sind Sie und ihre Mutter sich immer einig?
Ja, eigentlich schon. Bedenken kommen eher von einer älteren Mitarbeiterin. Sie denkt praktisch, das ist verständlich. Die Kaffeetassen etwa müssen alle von Hand abgewaschen werden. Sie findet, wir sollten günstiger sein und weniger kompliziert. Aber auf die Schiene wollen wir nicht, weder ich noch meine Mama. Unsere Gäste haben Freude an unserem Konzept, es macht keinen Sinn, es zu ändern.
Sie sind Inhaberin der Mühle und werden im Sommer Ihre Lehrerinnentätigkeit beenden, um sich ganz auf Irmas Bistro zu konzentrieren. Hat sich dieser Weg abgezeichnet?
Ich wusste immer, dass ich irgendetwas im Familienbetrieb machen werde, aber nicht wie und in welchem Bereich. Als Quereinsteigerin brauche ich Profis vom Fach an meiner Seite und sehe meine Rolle eher in der Koordination – das ist sehr spannend, ich freue mich darauf.
Verraten Sie uns Ihre Pläne?
Der Betrieb wir neu von Mittwoch bis Sonntag geöffnet sein. Und wir bauen die warme Küche aus – bisher hatten wir neben kalten Platten nur Pizza im Angebot. Ab Ende März starten wir mit „Mahl-zeit Schaumühle“, kleinen Führungen durch die Mühle kombiniert mit Essen im Bistro. Ausserdem wollen wir am Wochenende künftig Mittagsmenüs anbieten.
Was macht Ihnen Sorgen?
Das Selbstkontrollkonzept ist schon sehr aufwändig und es zu erarbeiten, ist nicht die interessanteste Tätigkeit. Momentan haben wir noch keine Fixangestellten, das macht die Arbeitszeitplanung schwierig. Und wir haben vermehrt Gäste aus dem Ausland, während die wenigsten Mitarbeitenden Fremdsprachen sprechen. Aber das sind alles keine unüberwindbaren Probleme. Ich hoffe einfach, dass ich nichts vergesse.
Auftritt Irma. „Carmen! Das ist doch der falsche Unterteller für diese Tasse, na hör mal. Ich zeig dir das mal“, sagt die Mutter zur Tochter mit ironisch belehrendem Ton. Sie läuft zur Kaffeemaschine, ihre geübten Augen finden die perfekte Kombination aus Tasse und Unterteller auf Anhieb, ein paar Handgriffe, und ein Kaffee mit Schlagrahm und goldenem Zucker dekoriert steht auf dem Tisch. Der Goldkornkaffee, benannt nach dem hauseigenen Gantrisch Goldkornmehl, läuft besonders gut.
Carmen Bezençon, was mögen die Gäste sonst noch auf Ihrer Karte?
Zum Beispiel den Mühlegeist Kaffee, quasi der Goldkornkaffee mit Schuss, dazu die Gantrischfrauen-Güezis. Oder Tee aus dem Naturpark Gantrisch vom Biohof Obereichi. Ich bin ein absoluter Teefan, es liegt mir am Herzen, nicht einfach einen Beuteltee anzubieten. Ich möchte grundsätzlich weg vom Klassischen, wie Cola und Rivella, hin zum Regionalen. Das gilt auch für Wasser ohne Kohlensäure: Das kommt bei uns direkt von der Quelle.
Wo sehen Sie sich in 10 Jahren?
Dann haben wir hoffentlich einen Wintergarten. Und man kann das Wasserrad von drinnen sehen. Wir können hoffentlich grössere Gruppen aufnehmen. Grundsätzlich finde ich klein bleiben aber attraktiv. Ich möchte kein Restaurationsbetrieb werden wie alle andere, sondern speziell bleiben.
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Aktualisiert am 10.01.2019